Er brauchte nur zwei Nächte um mehrere Millionen Schweizer Franken (SFR) in der Zürcher Spielbank zu verzocken, dabei ist der junge Mann eigentlich ein sogenannter Highroller. Insbesondere beim Klassischen Spiel setzt der Brite oft die höchsten Limits. Henri Cammiade zählt seit geraumer Zeit zu den Stammgästen des eleganten Zürcher Glücksspiel Etablissements, doch jetzt ist er sauer. Nachdem er innerhalb kurzer Zeit eine Summe in astronomischer Höhe verlor, plant er nun gegen die Spielbank gerichtlich vorzugehen, da sie in seinen Augen ihre Sorgfaltspflicht in höchstem Maße verletzt hat. Die Eidgenössische Spielbanken Kommission (ESBK) hat den Vorfall bereits geprüft, will sich aber aus dieser Angelegenheit raushalten, da sie die Zuständigkeit nicht bei sich sieht.

30 Spielbankbesuche in einem halben Jahr

Spielbank JetonsDas Jahr 2019 war offensichtlich nicht sein Jahr. Henri Cammiade hatte es geschafft, in zwei Nächten des vergangenen Jahres mehrere Millionen Schweizer Franken zu verzocken. Schon am 31. Januar war er zu Gast in der Spielbank Zürich und benötigte lediglich 20 Minuten, um rund 100.000,- SFR zu verspielen. Da er nicht mehr Bargeld bei sich hatte, kutschierte ihn ein Fahrer der Zürcher Spielbank an diesem Abend insgesamt viermal wieder nach Hause zu seiner Wohnung um Nachschub zu holen – noch dazu gratis. In seinem Apartment hatte der junge Brite eine große Summe an Bargeld gehortet, die anschließend seinem Spieltrieb zum Opfer fiel. Sämtliche Einsätze dieses Abends verlor der 31-Jährige. Henri Cammiade sagte später, dass er „... in einer Art Panikattacke“ immer weitergespielt hätte. Dies Verhalten sei durch den Genuss mehrerer Gläser Wein noch einmal verstärkt worden. Trotz der Erfahrung in dieser Nacht und des Verlusts eines Vermögens blieb der Engländer der Spielbank Zürich treu. Kein Wunder! Seinen Angaben zufolge kam die Spielbank in den folgenden Monaten zum Teil sogar für Restaurantbesuche, Reisen und Spesen des Spielers auf. Bis zum Sommer 2019 besuchte er das Etablissement noch mehrere Male und konnte auch wieder einige Abende verbuchen, die durchaus erfolgreich für ihn verliefen, da er gewonnen hatte. Die Spielbank Zürich verzeichnete insgesamt 30 Besuche von Henri Cammiade im Jahr 2019.

Widersprüchliche Aussagen der Spielbank?

Im August letzten Jahres hatte der junge Brite seine schmerzliche Verlustnacht vom 31. Januar offensichtlich gut weggesteckt. Er unternahm einen zweiten Anlauf um diesmal alles richtig zu machen. Und es fing auch gut an, sagt Henri Cammiade. Direkt nachdem er eingetroffen war, hätte er „seinen“ Client Relationship Manager (eine Art Spielerbetreuer der Spielbank) gebeten, ihn kein weiteres Bargeld in Jetons eintauschen zu lassen, da er bereits 300.000,- SFR gewechselt hatte. Dennoch verzockte der junge Mann Jetons im Wert von 1,5 Millionen Schweizer Franken in dieser Nacht. Henri Cammiade zog vor die Eidgenössische Spielbanken Kommission (ESBK) und schilderte dort seinen Fall. Er argumentierte, dass es die Aufgabe der Spielbank Zürich sei, ein derart exzessives Spielen zu erkennen und vor allen Dingen zu verhindern. Die ESBK will den Fall jedoch nicht weiter untersuchen, da sie  der Ansicht ist, dass der Spielbank Zürich kein Fehler unterlaufen ist. Durch die ESBK gestärkt hält die Zürcher Spielbank natürlich gegen die Vorwürfe. Darüber hinaus erklärt das Unternehmen, dass Henri Cammiade nur „... mit Geld spielte, das er zuvor gewonnen hatte“. Auf der Haben-Seite des jungen Engländers hätte nach seinen Besuchen immerhin ein Plus von rund 220.500,- SFR gestanden. Daher wäre er im Laufe der Monate sogar auf der Seite der Gewinner gewesen. Der Anwalt Cammiades behauptet, dass die Spielbank widersprüchliche Aussagen mache und bisher auch noch keinerlei Belege für ihre Behauptungen vorgelegt hätte.

Herausgabe der Ton- und Videoaufnahmen gefordert

Wenn eine Spielbank kein vernünftiges Sozialschutzkonzept vorlegt, erhält sie in der Schweiz keine Konzession. In diesen Konzepten ist u.a. auch der Umgang mit Spielern geregelt, deren Spielverhalten exzessiv ist. Sie beinhalten darüber hinaus Maßnahmen zur Beschränkung der Spiele und zur Selbstkontrolle. Der junge Brite wurde bei der Spielbank Zürich bis dato nicht als gefährdet eingestuft, daher lag auch keine Sperrung vor. Nach den Vorfällen im vergangenen Jahr hatte man gegen ihn dann allerdings eine Sperre verhängt. Die Spielbank Zürich bestätigt, dass die ESBK einige „Unregelmäßigkeiten“ feststellte, nachdem sie den Fall hinreichend geprüft hatte. Dennoch will die Institution der Sache nicht weiter nachgehen, da es sich in ihren Augen um einen privaten Rechtsstreit handelt. Im Rahmen der gesetzlichen Anforderungen sei die Zürcher Spielbank ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen, heißt es. Daher sollten die beiden Parteien „... den Fall auf dem Zivilrechtsweg klären“.  

Henri Cammiade bespricht derzeit mit seinem Anwalt, ob sie eine Klage einreichen oder nicht. Für ihn steht fest, dass die Spielbank ihre Sorgfaltspflicht in hohem Maße verletzt hat. Zur weiteren Klärung verlangt er nun die Herausgabe der Ton- und Videoaufnahmen des Abends im August. Ihm zufolge geht daraus eindeutig hervor, „... dass er sich selbst vom Weiterspielen abhalten wollte“. Die Spielbank verweigert die Herausgabe dieses Materials. Sie sieht allein schon aufgrund der einseitigen Berichterstattung den „... guten Ruf unseres Unternehmens substanziell beschädigt“.