Das niedersächsische Innenministerium geht gegen Zahlungsanbieter vor, die Transaktionen mit Online Casinos zulassen. Die Absicht ist nicht neu, doch zum ersten Mal hat Niedersachsen einem internationalen Zahlungsanbieter untersagt, am Zahlungsverkehr mit einem Online Casino mitzuwirken. Besonders pikant: Das Verbot gilt für das gesamte deutsche Bundesgebiet.

Boris Pastorius CasinoInnenminister Pistorius setzt auf radikale Maßnahmen

Boris Pistorius, der Innenminister von Niedersachsen, versucht schon seit einer Weile, den Zahlungsverkehr mit Online Casinos zu unterbinden. Bislang wurde allerdings ausschließlich ein kooperativer Ansatz verfolgt. Die Zahlungsanbieter wurden dazu aufgefordert, den Zahlungsverkehr mit in Luxemburg nicht lizenzierten Online Casinos zu unterbinden. Wichtige Argumente für die Kooperation lieferten oft die Compliance-Regeln der Unternehmen. Doch mit dem Verbot, Zahlungen an ein Online Casino abzuwickeln, wird eine neue Eskalationsstufe erreicht. Es ist derzeit nicht bekannt, um welche Firma es sich handelt. Aber infrage kommen zum Beispiel Kreditkartenfirmen und E-Wallet-Anbieter. Bevor die Transaktionen untersagt wurden, gab es bereits ein explizites Verbot des Glücksspielanbieters, der die Zahlungen empfangen sollte. Pistorius bekannte anlässlich der aktuellen Verbote, dass es ihm darum ginge, ein Zeichen zu setzen.

Das Ziel der aktuellen Maßnahmen ist eindeutig: Das niedersächsische Innenministerium möchte erreichen, dass möglichst viele Zahlungsanbieter darauf verzichten, Zahlungen von deutschen Kunden an Online Casinos abzuwickeln. Das Verbot von Zahlungen an Online Casinos ist schon länger in der Diskussion, aber bisher wurden derartige Versuche vermieden, da es einige rechtliche Bedenken gibt. Auch wenn Boris Pistorius verkündete, dass die Zahlungsverbote gerechtfertigt sein, sieht die aktuelle Rechtslage etwas komplizierter aus. Für die Casino-Betreiber, die deutsche Kunden zulassen, ist die Situation schwieriger geworden durch Niedersachsens Vorstoß. Die Chance ist hoch, dass Unsicherheit bei den Kunden entsteht, die letztlich auch zu wirtschaftlichen Problemen führen könnte.

Niedersachsen bezieht sich auf Glücksspielstaatsvertrag

Im aktuell gültigen Glücksspielstaatsvertrag gibt es ein sogenanntes Mitwirkungsverbot. Dieses Mitwirkungsverbot untersagt Zahlungen an Glücksspielanbieter, die nicht in Luxemburg lizenziert sind. Was an dieser Stelle sehr eindeutig klingt, ist jedoch in juristischen Kreisen mehr als umstritten. Beispielsweise ist nach wie vor unklar, ob die Casinos mit EU-Lizenz in Luxemburg tatsächlich illegal sind. Die Casino-Betreiber sehen das anders als das niedersächsische Innenministerium. Auch wenn in Luxemburg zuletzt die Gerichte gegen die Casino-Betreiber geurteilt haben, fehlt nach wie vor eine gerichtliche Entscheidung auf EU-Ebene. Obwohl das Innenministerium von illegalen Online Casinos spricht, ist es aufgrund der letztlich ungeklärten Rechtslage nach wie vor nicht sicher, ob diese Bezeichnung stimmt.

Wenn die Online Casinos durch die aktuellen Maßnahmen wirtschaftlich geschädigt werden, sich aber im Nachhinein herausstellt, dass diese Maßnahmen nicht gerechtfertigt waren, könnten sogar Regressansprüche entstehen. Das ist nur ein Grund, warum viele Experten die aktuellen Maßnahmen gegen die Zahlungsanbieter und die Online Casinos kritisch sehen. Vor dem Hintergrund, dass aktuell ein neuer Glücksspielstaatsvertrag verhandelt wird, der wohl eine umfassende Neuregelung für Online Casinos enthalten wird, ist es nicht leicht nachzuvollziehen, warum Niedersachsen gerade jetzt versucht, auf einem rechtlich heiklen Pfad gegen die Online Casinos vorzugehen. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Zahlungsanbieter rechtlich zur Wehr setzen werden. Ein Gutachten des renommierten Staatsrechtlers Matthias Rossi zeigt, dass die Zahlungsdienstleister gute Chancen auf Erfolg hätten.

Was bedeuten Untersagungsverfügungen für Online Casinos?

Die Casino-Betreiber, die deutsche Kunden haben, werden in den folgenden Wochen ganz genau hinschauen müssen, um die Auswirkungen der aktuellen Maßnahmen des niedersächsischen Innenministeriums zu erfassen. Auch wenn sich die ganze Aktion am Ende aus juristischen Gründen als Luftnummer erweisen könnte, steht doch zu befürchten, dass viele Zahlungsdienstleister aus vorauseilendem Gehorsam den Vorgaben aus der Politik folgen. Das könnte dazu führen, dass einige Casino-Kunden keine Einzahlungen mehr machen können oder wollen. Solange nicht klar ist, welche Zahlungsdienstleister betroffen sind, ist es nicht möglich abzuschätzen, wie dramatisch die Situation tatsächlich ist.

Es kann gut sein, dass die aktuellen Maßnahmen nur dazu dienen, die Casino-Betreiber auf Linie zu bringen, um in nahe Zukunft eine umfassende Regulierung durchzuführen. Mit dem aktuellen Säbelrasseln möchte die Politik vielleicht nur zeigen, dass es theoretisch möglich wäre, die Online Casinos in Luxemburg massiv zu schädigen. Die Frage ist nur, ob dieser Schuss nicht nach hinten losgeht, wenn sich herausstellen sollte, dass Niedersachsen bzw. der deutsche Staat rechtlich gar nicht die Möglichkeit hat, ausländischen Zahlungsdienstleister die Mitwirkung an Transaktionen mit Online Casinos zu untersagen. In jedem Fall hat das Innenministerium in Niedersachsen eines geschafft: Die gesamte Branche ist im Aufruhr und wartet angespannt auf die Folgen der aktuellen Unterlassungsverfügung.

Einfache Lösung vielleicht schon in Sicht

Nathanael Liminski, der Chef der Staatskanzlei NRW und der Verhandlungsführer für NRW beim neuen Glücksspielstaatsvertrag, hat kürzlich bei einer Veranstaltung des DVTM erklärt, dass eine Übergangslösung für Online Casinos denkbar sei. Schon im Oktober könnten die Ministerpräsidenten auf ihrer Konferenz entscheiden, dass bis Mitte 2024, wenn der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten soll, die Online Casinos unter bestimmten Voraussetzungen geduldet werden. Falls sich die Bundesländer auf eine Übergangslösung einigen können, würden damit auch die aktuellen Verbote zur Mitwirkung am Zahlungsverkehr wahrscheinlich nicht weiter verfolgt werden. Zudem mehren sich die Hinweise darauf, dass der Glücksspielstaatsvertrag in der neuen Ausgabe eine umfassende Regulierung von Online Casinos und Online-Poker enthalten wird. Doch bis dahin könnten unkluge politische Entscheidungen noch viel kaputt machen. Leiden würden darunter am Ende vor allem die vielen deutschen Glücksspiel-Fans.

Hier finden Sie die Presseerklärung des niedersächsischen Innenministeriums zu aktuellen Unterlassungsverfügung.